Monday, February 25, 2008

Auf Tour II

Warum die Gegend um Temuco in Chile auch die chilenische Schweiz heisst, ist mir inzwischen auch klar. Sanfte, bewaldete Hügel, ein paar Kühe, und zwar Holsteiner Fleckenvieh, nicht das Zeug das sonst hier rumläuft. Hat mir jedenfalls gefallen, auch die Sicht aus dem Bus von Pucón nach San Martin de los Andes war sehr schön. Jedenfalls ist die Landschaft hier unten kein Vergleich zum recht trockenen Santiago de Chile, dessen Umgebung schon mal an eine Wüster erinnert. Ich bin insgesamt recht zufrieden mit meiner Politik, nur tagsüber zu fahren, man sieht einfach mehr vom Land. Zum Beispiel wunderschöne, unheimlich intensiv blaue Bergseen, während auf der anderen Seite der Vulkan Lanin liegt. Die auch im Bus sitzende Kanadierin und ich waren jedenfalls etwas unschlüssig, zu welcher Seite man nun dringender rausfotographieren müsse. Zwischendurch gings noch durch Alercenwälder... An der Grenzkontrolle nach Argentinien winken sie wohl sonst nur Einheimische und Amis durch, jedenfalls konnte der Grenzbeamte mit meinem Visum überhaupt nichts anfangen und ich musste ihm erklaeren, wass er jetzt in meinen Pass stempeln müsse.
In San Martin bin ich nur einen Tag gebleiben, habe mir den See (ist hier so eine Art High Society-Erholungsgebiet) und die Bebauung angeschaut. Wie schon auf chilenischer Seite gab es Dächer, wie man sie aus Deutschland kennt, also keine Flachdächer. Das ist sehr ungewöhnlich für Südamerika. Aus Mangel an Bekanntschaft (Zimmermitbewohner stehend ko, sonst kannte ich niemanden und war auch nix los) hab ich halt mit dem Hostalpersonal ein Bierchen gelehrt, lauter Mädels so Ende zwanzig. Hätte schlimmer kommen können.
Am nächsten Tag gings mit dem Bus ueber die "Ruta de los siete Lagos", die sieben-Seen-Route, nach Bariloche. Krasse Sache das, unheimlich blau oder türkise Seen inmitten der Berge, man kommt aus dem Staunen gar nicht mehr raus. Und das alles aus dem normalen Bus, der über so einer Art Feldweg mittendurch faehrt (gibt auch einen auf ner richtigen Strasse, aber ohne Seen). Es lohnt sich aber, diese Straße mit dem eigenen Auto abzufahren, weil der Bus nunmal leider nicht auf Kommando anhält und aus dem Bus heraus zu fotographieren keine so tollen Ergebnisse liefert. Ganz nebenbei möchte man ja mitunter auch mal anhalten, um das Panorama zu genießen...
In Bariloche bin ich drei Tage geblieben. Am ersten Tag war Organisation usw. angesagt und Anschauen der Stadt (Schokolaaaade - Unmengen davon. Laut Auskunft eines Schweizers, den ich da kennen gelernt habe, mit schweizer Schokolade vergleichbar) und abnehmen der örtlichen Tradition, sich mit einem Bernhardiner fotographieren zu lassen. Hab das zwar nicht gemacht, aber es erinnert mich ein wenig an die reichlich bescheuerte Kuckucksuhr in Villa Carlos Paz. Die Argentinier sind doch leicht plemplem.
Am zweiten Tag bin ich zum Tronador, einem Vulkan in der Nähe gefahren. Die Anfahrt geht durch den Nationalpark Nahual Huapi, dessen Hauptattraktion die Gletscherseen sind. Die haben, noch beeindruckender als bei der sieben-Seen-Route, eine dermaßen intensiv-blaue Farbe, dass es einbem mitunter schwer fällt zu glauben, dass dort nicht gepanscht wurde. Hat aber wohl eine physikalische Erklärung, die mit dem Gletscherabrieb zusammenhängt. Der Vulkan selbst liebgt auf der chilenisch-argentinischen Grenze, bzw. bildet diese. Auf argentinischer Seite bildet sich ein Gletscher, der aber auf eine ziemlich hohe Steilwand zugletschert. An dieser Steilwand lösen sich dann immer wieder einzelne Schneeblöcke, fallen mehrere hundert Meter nach unten und bilden dann wieder einen Gletscher. So ein "Abfall" ereignet sich etwa alle 20 Minuten und ist auch deutlich hörbar, allerdings erst mehrere Sekunden, nachdem man den Effekt gesehen hat, was mit der Entfernung und der Schallgeschwindigkeit zusammenhängt. Netter Nebeneffekt ist, dass jeder, der so etwas sieht und das lautstark zum Ausdruck bringt, binnen Sekunden mehrere dutzend Touristen zum Schweigen bringen kann. Der Gletscher, der sich weiter unten bildet, ist aufgrund des starken Abriebgehalts dunkelgrau, weswegen er "Ventisquero Negro" heißt. Der Aussichtspunkt ist direkt am Schmelzpunkt, man hält die im Gletschersee treibenden Eisblöcke der Farbe wegen oft für Felsen.
Interessanterweise musste ich, wie schon erwähnt, nur den reduzierten Parkeintritt zahlen (Ausländer zahlen mehr als doppelt so viel Eintritt wie Einheimische, allerdings nicht wirklich viel). Das hängt damit zusammen, dass ich ein zweijähriges Studentenvisum habe un damit technisch gesehen die gleichen Rechte habe, wie ein Argentinier. Da ich wusste, dass Aerolineas Argentinas, die örtliche Fluggesellschaft, Ausländern den doppelten Preis berechnet, jedenfalls bei Inlandsflügen, habe ich mal nachgefragt, ob der gleiche Umstand mit auch dort zunutze käme, und siehe da: Ja. Damit ist aber zum Beispiel der Flug von Ushuaia, Feuerland nach Buenos Aires nicht nur kürzer (5 Stunden kontra 50), sondern auch billiger. Da ich keine Lust hatte, zwei Extratage auf patagonischen Schotterpisten zuzubringen, habe ich mi dann gleich in Bariloche ein Rückflugticket von Ushuaia, meinem Endziel, gekauft.
Am Tag drauf habe ich den "Circuito chico" bei Bariloche abgearbeitet. Bariloche liegt inmitten von Parks, zwischen einem großem See und den Anden, ein einmaliges Panorama. Erste Station des circuito ist ein Hügel, auf den man mit einem Sessellift rauffahren kann. Von oben hat man eine total krasse Aussicht und der nette Parkranger oben hat mir sogar mal sein Fernglas geliehen. Und während der Runterfahrt hatte der Sessellift sogar kurz Stromausfall, ich habe also jedes Abenteuer dort mitgenommen... Weiter gings, wie auch vorher schon mit dem öffentlichen Bus, zum Hotel Llao Llao (sprich: Schao Schao...), dem exklusivsten Hotel Argentiniens. Die Preise dort sind auch nach europäischen Maßstäben hoch, aber die Lage mitten im Park,mit Blick auf den Tronador und ein halbes Dutzend Seen würden, wenn ich denn das nötige Kleingeld hätte, den Preis rechtfertigen. Von da aus sollte es dann zur "colonia suiza", einem von Schweizern besiedeltem Dorf gehen. Da es keinen Bus gab, bin ich einfahc mal losgelaufen: Das wären vierzehn Kilometer Fußmarsch gewesen. Zum Glück kam irgendwann doch noch ein Bus vorbei, das waren gut angelegte zwei Pesos (nach damaligem Kurs etwa 45 Eurocent).
In Bariloche hatte ich mich für ein paar Tage mit meinem schweizer Zimmergenossen angefreundet, nachdem das in Pucón mit meinen französischem und englischem "Roomie" so gut geklappt hat. Das ist nämlich eines der Probleme beim allein reisen, man kennt oft niemanden. Meistens lernt man aber schnell Leute kennen, in San Martin hab ich ja zum Beispiel abends mit dem Hostalpersonal noch ein Bier getrunken. Dieser Schweizer war ein totaler Kletterfan, entsprechend haben wir uns dann mal eben ne gute Stunde über den Cerro Torre, einen der schwierigesten Berge der Welt, unterhalten, mit Blick auf die gerade stattfindede Mondfinsternis, deren totale Phase netterweise aus dem Aufenthaltsraum des Hostals heraus zu beobachten war, und das sogar zu einigermaßen zivilen Zeiten...
Von Bariloche gings dann mit dem Bus nach Esquel, dort bin ich zwei Tage geblieben. Am Sonntag war ich im "Parque Nacional Los Alerces", seltene Bäume und: Seen, klar. Bin da mit einer Französin zusammen rumgelaufen, die, wie sich später rausstellte, im gleichen Hostal wohnte wie ich. Haben unterwegs noch zwei Argentinierinnen aufgegabelt, war nett. Allerdings hatten wir nach zwei Rundwegen noch nicht genug, und der einzige Weg aus dem Park ist der oeffentliche Bus, der erst später kommen sollte. Also sind wir nur mal so eben die Strasse lang zum nächsten Weg gelaufen - der nicht kam. Nach einer Stunde auf einer Schotterpiste bei gluehender Sonne hat uns dann schliesslich ein netter Camionettafahrer zurück gebracht. Auf dem Rückweg hatten wir dann noch das "Glück", einen Waldbrand im Park mitzuerleben, eine ziemlich üble Sache. Wie in einem Park nicht anders zu erwarten, war die Brandstelle total unzugänglich, weswegen erst ein Löschflugzeug aus Bariloche angefordert werden musste, was natürlich schonmal ne Weile dauern kann. Der Schaden soll ziemlich groß gewesen sein. Abends Grillfest im Hostal, Ergebnis: die letzten beiden Nächte zusammen 7 Stunden Schlaf.
Heute morgen bin ich mit der Französin und ihrer nicht in den Park mitgekommenen Freundin ueber die Grenze nach Futaleufú, Chile gefahren (Grenzkontrolle eher belustigend, Kontrollintensitaet richtet sich nach der Nationalitaet: Chilenen doppelt, Franzosen einfach, Deutsche werden gar nicht kontrolliert). Futaleufú ist Südamerikas bestes Raftinggebiet, was ich dann heute nachmittag auch noch nachgeprüft habe. Ein Riesenspass, allerdings nicht ganz billig. Letzte Stromschnelle haben der mitfahrende Ami und ich als kleines Extra schwimmend zurück gelegt, leider hatte man mir nicht gesagt, dass ich umbedingt am rechten Rand bleiben solle. Jedenfalls war die Stromschnelle, durch die ich WRKLICH durch bin, eher nicht fürs Raften und schon gar nicht fürs Schwimmen geeignet. Ist aber alles gut gegangen, hbe Ruhe bewahrt und dank Schwimmweste taucht man ja irgendwann mal wieder auf, also Luft anhalten, richtige Position einnehmen damit man mit den Füssen vorraus gegen Felsen knallt und durch. Dank Wirbeln und Tiefströmungen bin ich nicht mal gegen Felsen geknallt, sondern einfach nur gut durchgeschüttelt worden (hat eigentlich sogar Spass gemacht), nach Aussage des Guides hatte ich aber wohl sehr viel Glueck, dass mir nix passiert ist. Naja, er haette ja auch sagen koennen, wo es langgeht, und nicht erst hinterherbrüllen, als ich laengst von der Strömung erfasst war (und dann kann kein noch so guter Schwimmer viel ausrichten, schon gar nicht bei der Schutzkleidung, die man beim Raften trägt...). Hat mir jedenfalls zu denken gegeben, ich hätte wohl durchaus auch draufgehen können bei der Aktion.
Morgen geht es mit dem 7-Uhr Bus zu einem Nachbardorf, wo der Bus nach Coyhaique vobei kommen soll, hoffentlich nicht voll. Wird also wieder nichts mit ausschlafen. Gehe jetzt schlafen, bin hundemüde. Futaleufú ist eh nicht sehenswert, und es gibt hier nichtmal einen Gürtel zu kaufen (meiner war nach der Raftingaktion plötzlich ohne Schnalle, warum auch immer).

Achso, falls es jemanden interessiert: Ich bin gerade hier...

3 Comments:

Anonymous Anonymous said...

Das klingt sehr gut. Vor allem: Da mal ne Französin, da mal zwei Argentinierinnen... ;)

11:53 PM  
Anonymous Anonymous said...

also hier musste ich schon ziemlich schmunzeln:

"[...] dank Schwimmweste taucht man ja irgendwann mal wieder auf, also Luft anhalten, richtige Position einnehmen [...] und durch."

Und wie man trotz Wirbeln etc. immer mit den Füßen voraus schwimmen bzw treiben kann, ist mir auch nicht so ganz klar ;)

Nächstes mal würde ich es den Guide jedenfalls erstmal vormachen lassen :)
Zum Glück ist nichts passiert.

7:21 AM  
Blogger abuzeus said...

So genau weiß ich auch nicht mehr, wie man das noch steuern kann, aber geht schon noch. Jedenfalls ab und zu. Manchmal. Vielleicht.

Dirk: ... ;-)

5:30 PM  

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