Sunday, September 30, 2007

Cordoba



Und weils so schön ist, gibt es gleich noch ein Posting hinterher. Wir waren nämlich (vor-)letzte Woche in Corodoba. Warum? Jährliches Treffen der argentinischen Mathematischen Vereinigung. Klingt langweilig, war es aber nicht. Ich wollte eigentlich gar nicht mit, habe mich dann aber irgendwo doch dazu durchringen können, und das war auch gut so. Jedenfalls sind wir am Samstag gegen 18 Uhr mit 11 Personen vom Tandilenser Busbahnhof abgefahren. Busfahren - da klingelts doch aus Ecuador: Unbequem, lebensgefährlich, voll, laut, van-Damme-Knochenbrecherfilm und Indianer mit Hühnern im Bus. Weit gefehlt, argentinische Langstreckenbusse sind um einiges bequemer als ihre deutschen(!) Pendants. Man hat selbst in den semi-cama-Bussen, also nur mit verstellbarem Sitz, mehr Platz als im Flieger, die Busse sind klimatisiert und laufruhig, der Fahrer relativ besonnen und Schluchtenschwindel fällt mangels Gebirge auch aus. Im Klartext: Das Land ist dermaßen flach, dass ich mich mitunter WIRKLICH wie zuhause gefühlt habe. Van-Damme-Filme gibts aber leider trotzdem. Wenn man die... also... Story... kennt, sind die noch schlechter. Ich will aber nicht jammern, denn schon die Busfahrt war ziemlich gut. Ich habe war aus verschiedenen Gründen dann doch nicht wirklich viel geschlafen, aber war schon okay. Die Busfahrt hat übrigens vierzehn Stunden gedauert und war damit eher kurz für Argentinien. In Cordoba sind wir erstmal quer durch die Stadt zum Hostal marschiert, wobei ich zum wer-weiss-wie-vielten Male dankbar dafür war, mir damals für Ecuador einen guten Reiserucksack gekauft zu haben - die Argentinier mit ihren Reisetaschen taten mir schon etwas leid. Hostal war eine angenehme Überraschung, sehr sauber, warme, gute Duschen und ordentlich Betten, Innenhof und Dachterasse mit Grill. Preis: sechs Nächte zusammen 30 Euro.
Nach kurzer Verschnaufpause und Gepäckabladen sind wir dann durch Cordoba, Touristenpflichten nachkommen, d.h. Kirchen usw. anschauen und pflichtschuldigst Fotos machen. Abends haben wir uns dann noch Wasserspiele angeschaut (oder war das Montag? Weiss nicht mehr genau) und im Park ein paar Mate getrunken. Mittagessen war im Patio Olmos, ein Rieseneinkaufszentrum samt einem Duntzend Restaurants im Obergeschoss. Stand nichtmal im Reiseführer, war aber cool. Am Montag morgen sind wir dann zum Campus... also zur Universitätsstadt. Die UNC Cordoba ist riesig, und es gibt soweit ich weiss fünf Unis in Cordoba. Die UNC hat sogar eine eigene Polizeieinheit. Das Gebäude des FB Mathe/Physik/Astronomie war schon ein ganz schöner Brocken, aber einige Tage späte habe ich mal das WiWi-Ding gesehen: Hammer. Die haben echt zu viel Geld. Zu den dortigen Olimpiadas gibt es etwa 30 Sportarten, darunter sowas wie Fechten, Schwimmen und Taekwondo. Jedenfalls mussten wir feststellen, dass zur Einschreibung eine Riesenschlange war, also haben wir erstmal die ersten Kurse besucht (man ist zwar nicht direkt dazu gezwungen, aber es gib dort einen haufen Kurse von zusammengerechnet 5 bis 6 Stunden, wo ein Thema vorgetragen wird. Und ein paar hab ich dann doch gemacht. Die Argentinier brauchten die Kursscheine, um finanzielle Unterstützung zu bekommen, das war mir natürlich egal). Montag und Dienstag wurden nur LAG- und LA Grundschule-Kurse angeboten, also bin ich da unfreiwillig auch mit rein, die waren aber gar nicht übel. Einer war zum Thema Friese und Mosaike (für Nichtmathematiker: regelmäsige Muster, zB auf Bodenkacheln oder an Wänden), und wessen Name tauchte da auf? Conway. Der hat auch wirklich überall seine Nase drin. Der andre Kurs war zum Thema Fraktale. Ich war erst etwas sauer, dass man mir allen ernstes erklären wollte, was eine Metrik ist (das lernt jeder Mathestudent in der dritten Studienwoche), als ich dann aber mitbekommen habe, dass ein Lehramtskurs war, war das schon okay (Lehramt in Argentinien ist Leeramt). Zumal hinreichend oft die Cantor-Menge auftauchte. Die Dozentin sprach übrigens mit einem komsichen Akzent, ich habe sie nach dem Kurs mal gefragt, und siehe da: Deutsche Eltern, Deutsche Schule, Muttersprache Deutsch.
Mittwoch hatten wir frei, also war weiterhin Stadt ansehen dran. In Cordoba war grad Buchmesse, das hatte den Nebeneffekt, dass ein Haufen cooler Cartoons im Rathaus rumhingen. Abends war ein großer Empfang, zu dem wir natürlich zu spät kamen. War aber weniger spannend, denn man stand da halt mit dem Weinglas/Saftglas rum und hat empanadas gefressen und gequatscht, da ich aber natürlich ausser meinen Mitreisenden keinen kannte war das nicht so spannend. Immerhin sind wir hinterher noch zu einer fiesta, ich hab mir unterwegs aber den Fuß gestaucht oder sowas (die Bürgersteige in Argentinien sind echt übel, einmal nicht aufgepasst, schon flachgelegt), da wurds ein kurzer Besuch, der an der Apotheke endete (Eisspray und Verband kaufen). Dort wurde übrigens mehr Cola und Kekse unters Volk gebracht als Aspirin und Heftpflaster. Inzwischen ist der Fuß schon fast wieder in Ordnung, dummerweise musste ich den Verband dank Blutstau noch in der Nacht wieder abnehmen, und schonen des Fußes war leider auch nicht drin.
Donnerstag und Freitag hatte ich dann echte Studikurse, einmal zum Thema Graphen (langweilig, schlecht gemacht und größtenteils eher trivial), ein anderer zum Thema Hoop-Algebren (das hat was mit mathematischer Logik zu tun, genauer mit Fuzzy Logic. Jedenfalls war ich dankbar dafür, dass Herrmann in seinem Einf. Logik Kurs so viel Extrazeug gemacht hat, hier hab ichs gebraucht). Der Kurs war echt gut, sauber strukturiert und man hat gemerkt, dass dem Prof das ganze Spass gemacht hat. Tagsüber waren wir nochmal in der Stadt unterwegs, im wesentlichen auf der Suche nach einem Go-Spiel (gibt es in ganz Cordoba nicht). Freitag abend haben wir Villa Carlos Paz besucht, das ist ein Süßwasser-Mar del Plata in der Nähe. Man muss sich das so wie einen riesigen Ballermann vorstellen, überall Discos, Kneipen, Freiluft-DJs, ein Konzert einer bekannten argentinischen Gruppe (denen gegen 10 der Strom rausflog und nie wiederkam), etc. pp. Hauptattraktion ist eine riesige Kukucksuhr, auf die die Argentinier voll abfahren. Gegenüber hatte La Quinta, eine örtliche Süßigkeitenkette (alfajores nennt man diese supersüßen Creme-Schoko-Sonstwas-Kekse) ihren Laden. Also war Betriebsführung inklusive Promo-alfajor angesagt (und eine aus unserer Truppe konnte das komplette Rezept auswendig und hat noch einige Bonus-alfajores abgestaubt). Wir waren dann noch essen und Billard spielen, Disco war nicht weil die Hälfte dank Übelkeit schon vorher abzog. Rückfahrt dann auf der Rückbank im Bus, mate-trinkenderweise (wobei der einzige, der an mate-Ausrüstung gedacht hatte, natürlich der Deutsche war. Tolle Argentinier...). Samstag dann noch irgendwie versucht im Kurs die Augen aufzuhalten (JA, die sind so grausam und machen Samstag morgens den letzten Kurs), Scheine eingesammelt und dann gings im Bus nach Hause (ganz ohne van-Damme). Es gab übrigens auch echte, wissenschaftliche Vorträge, und ich hatte kurz überlegt, mir einen von Logik und Berechenbarkeit anzuhören, habs dann aber doch sein lassen. Man hat mir hinterher gesagt, dass das auch besser so war, wegen langweilig und wohl über meinem Niveau. Nerdige Sidenote: Ich hab das komplette Uma-Buch (Hefter mit abstracts aller Voträge für Wissenschaftler samt Referenzen) nach Referenzen auf Profs der TU Darmstadt abgesucht, und schau an, Prof. Trebels wurde zitiert.

In other News gibt es hier in Tandil eine Go-Gruppe (gestern ein Spiel gespielt), ich kriege evtl. Freitag mein Visum, es ist endlich Sommer geworden (vorher immer nur Regen und Sturm, Jetzt Sonne und Sturm), Montag und Dienstag fällt die Uni aus (weil wegen Prüfungen, zu der eine aus unserem Kurs jetzt doch nicht hingeht, aber das muss der Prof ja nicht wissen), ich habe einen Weg gefunden, billig nach Deutschland zu telefonieren, meine Reisepläne sind irgendwie gerade im Wandel begriffen, sprachlich läufts hier superklasse, auch wenn ich langsam argentinischen Akzent bekomme (vos lässt grüßen), es gibt hier einen Logikprof, der evtl. meine Bachelorarbeit betreuen hilft, ich habe angefangen, meine Ecuadorbilder zu sortieren und ich fühle mich hier im großen und ganzen sauwohl.

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