Thursday, April 24, 2008

Die Lutherbibel in Alta Gracia

Wie ich ja schon geschrieben hatte, haben wir um Ostern rum die Jesuitenmission in Alta Gracia besucht. Die war ehrlich gesagt nicht so spannend, aber ich bin eh nicht so der Typ, der stundenlang Kirchen und dergleichen besichtigt. Aber: Beim Durchgehen durch die Ausstellungsräume, die sich im wesentlichen um die Lebensweise der Jesuiten und erhalten Ausstellungsstücke drehten, fiel mir eine alte Bibel ins Auge. Da ich ein Faible für alte Bücher habe, habe ich mir das mal genauer angesehen. Etwas verwirrend war jedoch, dass ich den Text nicht verstanden habe. Latein wars jedenfalls nicht, Spanisch auch nicht. Es hat schon einen Moment gedauert, bis der Groschen gefallen war, und mir klar wurde, dass diese Bibel in Deutsch verfasst war. Es handelte sich um eine gedruckte Lutherbibel. Leider war sie nicht direkt zugänglich, es war nur die gerade aufgeschlagene Seite sichtbar, und das hinter Plexiglas. Ich war trotzdem schwer beeindruckt, immerhin sind diese Dinger nicht soo verbreitet, und wie so ein Teil mitten in die Pampa kommt (bzw, um genau zu sein in die pampine Sierra...) ist schon etwas abenteuerlich.


Leider durfte man dort keine Fotos machen, und genügend Wachpersonal lief herum, einem den Gedanken auszutreiben. Ich habe mich dann so lange von Zuständigem zu Zuständigem gefragt und das arme Opfer am Ende der Kette so lange bequatscht, bis ich tatsächlich eine schriftliche Ausnahmegenehmigung zum fotografieren "mit ohne Blitz (sic!)" hatte. Leider ist meine Digitalkamera nicht mehr die jüngste, und Blitz aus sowie durchs Plexiglas zu fotografieren sind für den Autofokus Gift, aber die Bilder sind immerhin etwas geworden. Die Genehmigung habe ich immer noch, und ich bin auch ziemlich stolz drauf, das Museumspersonal zu sowas bequatscht zu haben, immerhin auf Spanisch. Vermutlich kein großer Akt, aber für mich war der Tag gerettet ;-)

Auf der linken Seite sieht man das Vorwort Luthers auf das alte Testament. Rechts eine dazu gehörige Illustration, mit Detailbild. Ich habe noch zwei weitere Bilder, die sind aber nicht so gut geworden, falls aber jemand interessiert ist, möge er sich melden, die Bilder liegen auch in höherer Auflösung vor. Ein Klick auf ein Bild hier im Blog fördert immerhin eine webtauglich mittelgroße Version zutage.

Lustig war auch, dass die anwesenden Argentinier die Sprache für Latein gehalten haben. Ich meine, dass muss man doch merken, als jemand mit Muttersprache Spanisch versteht man doch in Grundzügen Latein, während ich aus verlässlicher Quelle weiß, dass Deutsch für die meisten Argentinier ein Buch mit sieben Siegeln ist (und sich anhören soll wie Engschlisch, aber gesprochen von einem Tartaren...).

Festzuhalten bleibt, dass ich wohl mal das Mainzer Gutenbergmuseum besuchen muss, nachdem ich jetzt schon so weit weg von dort deutsche Buchdruckerzeugnisse gefunden habe. Schönen Gruß an alle Mainzer...

Sunday, April 20, 2008

Frohe Ostern (oder so)

Der letzte Eintrag handelte von meinen Erlebnissen im Süden Argentiniens. Dieser hier geht etwas in die andere Richtung. Aber der Reihe nach.

Nach meiner Ankunft am einem Samstagabend in Tandil blieb mir immerhin ein Tag zum regenerieren, denn am Montag ging ja gleich die Uni los (und das auch noch um acht Uhr morgens). Wenigstens war gleich der Dienstag frei. Die erste Uniwoche verging mit viel Organisationskram und Kleinklein. Das System hier ist sehr verschult, für jeden Lehrveranstaltung braucht man mehrere, die man schon gehört haben muss bzw. einige auch geprüft. Da der FB Mathe sehr klein ist, kann das auch schon mal dazu führen, dass niemand eine Lehrveranstaltung hören darf. Die Vorlesung wird dann schlicht und ergreifend nicht angeboten. Das betraf dummerweise gleich beide meiner vorher gewählten Veranstaltungen (jedenfalls die beiden wichtigen). Für mich als Austauschstudenten gelten diese Regelungen zwar nicht, aber ich gelte leider auch nicht als regulärer Student, so dass ich erst nach langen Kämpfen durchgesetzt hatte, dass diese Vorlesungen wirklich stattfinden. Für meine argentinischen Freunde hat das den Vorteil, dass sie die Vorlesung nun "illegal" hören dürfen und im Mai, wenn wieder Prüfungen sind, diesen Umstand nachträglich bereinigen können. Neben diesen beiden Vorlesungen (Optimierung und Funktionalanalysis) höre ich noch eine Vorlesung zur Verbandstheorie und einen Blockkurs zu Numerik. Das ist für hiesige Verhältnisse recht viel, aber da ich aus dem letzten Semester effektiv nur die Algebra habe (der Differentialgleichungskurs war so schlecht, dass ich ihn gar nicht erst geprüft habe) und in meinem Studium auch etwas vorankommen will, muss das eben so sein.

Die zweite Uniwoche war nur eine halbe, denn es war die Woche vor Ostern. Über Ostern sollte ich Besuch von meiner Mutter bekommen, die die Gelegenheit bei Schopfe gepackt hat, Argentinien kennen zu lernen. Geplant war unter anderem der Besuch der Iguazú-wasserfälle an der Grenze zu Brasilien. Das ist aber ein gelbfiebergefährdetes Gebiet, und eine Gelbfieberimpfung hatte ich nicht. Kein Problem, wird sich ja wohl auch hier machen lassen. War auch so, leider aber nicht in Tandil, sondern im zweieinhalb Stunden entfernten Mar del Plata. Dienstags hatte ich ja frei, und glücklicherweise war auch gerade dienstags Impftag. Dummerweise musste man ab sechs Uhr morgens anstehen, um die Impfung zu bekommen, und der erste Bus von Tandil fuhr... etwas später. Also bin ich kurzentschlossen Montag Abend noch schnell nach MdP gefahren, habe von sechs bis halb 12 erst in der Kälte, dann in der Hitze gestanden und am Ende meine Impfung bekommen (die übrigens gratis war). Mitzubringen war nur eine eigene Spritze, was noch für einen Schockmoment sorgte, weil mir jemand sagte, ich hätte die falsche Spritze mit. War dann aber nur ein Sprachproblem...

Am Mittwoch Abend bin ich dann nach Buenos Aires gefahren, um am Donnerstag morgen Muddern vom Flughafen abzuholen. Wir haben dann den Tag vor Ort verbracht und sind abends nach Tandil gefahren. Über Ostern ist hier in Tandil ein Calvarien-Spektakel (für Nichtkatholiken: Hügel mit Nachstellung der Kreuzigung Jesu), die ganze Stadt war rammelvoll. Sogar Busse voller Japaner sind hier aufgetaucht, ich war echt beeindruckt. Mangels anderer Busverbindungen (fast eine Woche im voraus alles ausgebucht, das kommt hier nie vor) sind wir dann am Ostersonntag nach Cordoba gefahren, nachdem wir die Sehenswürdigkeiten von Tandil abgeklappert hatten. Dort haben wir zwei Tage verbracht, inklusive Besichtigung des nahe gelegenen Dorfes Alta Gracia (Jesuitenmission und Wohnhaus der Familie Guevara), ich habe jetzt das berühmte Motorrad vom Che gesehen. Klasse.
Weiter ging es nach Mendoza (Wunschziel Salta ließ sich leider nicht machen). Dort standen die Anden auf dem Programm, neben einem entspannten Tag in der Stadt von Mendoza haben wir eine Tour hoch zum Pass Christo Redentor gemacht (in etwa das gleiche, was ich im Dezember schon zusammen mit Evelyn gemacht hatte.) Diesmal ließ sich die auf 4000m gelegene Statue aber tatsächlich anschauen. War aber nicht so beeindruckend. Tags drauf sind wir dann über den Pass nach Santiago de Chile gefahren, die gleiche Tour die ich im Dezember andersrum auch schon mal gefahren war. Wer dort war, weiss, dass sich das auch mehrfach lohnt. Für Eindruck gesorgt hat die Grenzkontrolle auf chilenischer Seite. Da Chile frei von gewissen Tierkrankheiten und Obstplagen ist, wird man sehr intensiv nach tierischen oder pflanzlichen Produkten durchsucht (und natürlich nach Rauschgift, Waffen, ...). Ich kannte die Prozedur schon, aber sie soll wohl den Grenzkontrollen zur DDR damals beinahe gleichkommen. Allerdings sind die Grenzbeamten in Chile sehr viel freundlicher. Bei Verstoß wird aber trotzdem ein Bußgeld fällig. In Santiago sind wir eigentlich nicht geblieben, denn am nächsten Morgen ging es mit dem Flugzeug zurück nach Buenos Aires. In diesem Falle war der Weg das Ziel, die Anden von drinnen und von drüber. Bei Sonnenaufgang wirklich spektakulär.
Von BA sind wir dann kurzentschlossen mit Aerolineas Argentinas nach Iguazú geflogen, der Tag war damit komplett für Fliegen verbraucht. In Iguazu haben wir dann an einem Tag den argentinischen Teil des Wasserfall-Nationalparks besucht, am anderen den brasilianischen. Der argentinische Teil ist deutlich schöner, aber beide sind spektakulär. Neben der schieren Größe der Wasserfälle beeindruckt dann auch die Garguanta del diablo, eine Stelle an der von drei Seiten Wasser nach unten fällt. Nicht ganz so groß aber nicht minder beeindruckend war ein Überfall einer Gruppe Nasenbären auf ein Restaurant, den wir miterlebt haben. Die Viecher sind zwar wirklich lustig anzusehen, aber unersättlich und sollen auch ziemlich übel beißen können. Und sie können recht hoch springen, wenn sie in einer Tasche Futter wittern.
Auf der brasilianischen Seite waren wir im Zuge einer Tour, die auch einen Besuch des Itaipu-Staudammes (ein gemeinsames Projekt von Brasilien und Paraguay) einschloss, denn die Wasserfälle liegen im Dreiländereck von Argentinien, Brasilien und Paraguay. Ich bin damit nicht nur einige Stunden in Brasilien gewesen, sondern auch durch Paraguay gefahren, wenn auch ohne Stempel im Pass und ohne Fuß auf paraguayisches Territorium zu setzen. Was mich selbst etwas überrascht hat, ist dass ich recht gut portugiesisch verstehe. Im zum Park gehörendem Besucherzentum habe ich mal spaßeshalber die portugiesischen Texte gelesen (also nicht nur Hinweistafeln) und siehe da, es gab keine Probleme. Auch die gesprochene Hinweise waren i.d. Regel kein Problem. Da sieht man mal, wie dicht Spanisch und Portugiesisch liegen, denn vom letzteren kann ich kein Wort.
Wir sind dann wieder zurück nach Buenos Aires geflogen (beim Start hatte ich nochmal einen tollen Blick aus der Vogelperspektive auf die Wasserfälle) und haben dort die letzten zweieinhalb Tage verbracht. Neben Besuch der üblichen Viertel (San Telmo, Recoleta, Congreso, Puerto Madero... Boca musste leider ausfallen) und Sehenswürdigkeiten (der Obelisk, Evitas Grab, Tetro Colon, Puerto Madero, usw) haben wir zum Schluss noch eine Tangoshow besucht. Sehr spektakulär, aber etwas lieblos über die Bühne gebracht, keine Zugabe,nix. Sehr ärgerlich war eine Rasierschaumattacke. Dabei hatten wir mit einem Mal beide Rasierschaum hinten am T-Shirt. Das ist einen gängige Methode, Touristen zu bestehlen. Jemand kommt, weist einen auf die Verschmutzung hin, während eine andere Person jemanden bestiehlt. Ist zwar nix weg gekommen, (war ja klar was Sache war), aber dreckig war man trotzdem...
Nach zwei Wochen ist Muttern dann wieder nach Deutschland geflogen, und ich bin nach Tandil gefahren, zwei Wochen Uni nachholen (dank diverser Feiertage war das aber nicht so wild).